Gewürze

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Gewürze auf einem indischen Markt

Gewürze sind Pflanzenteile (Blätter, Blüten, Rinde, Wurzeln, Früchte, Saft), die wegen ihres natürlichen Gehaltes an Geschmacks- und Geruchsstoffen (ätherischen Ölen) als würzende oder geschmacksgebende Zutaten bei der Zubereitung von Speisen und Getränken aller Art eingesetzt werden. Sie kommen frisch, getrocknet oder bearbeitet vor.

Sonstige Stoffe, die der Geschmacksverbesserung dienen oder die Bekömmlichkeit verbessern, werden als Würzmittel bezeichnet. Gewürze haben zudem nicht nur geschmacklichen Nutzen, sondern werden traditionell auch zur Haltbarmachung von Lebensmitteln und Getränken verwendet. Der Duft einiger Gewürze hält bestimmte Vorratsschädlinge fern.[1]

Aus geistiger Sicht führen Gewürze die Speisen dem Verdauungsvorgang näher.

Etymologie

Das Wort „Gewürz“ hat seinen Ursprung im mittelhochdeutschen gewürze („Gewürz“) von wurz (althochdeutsch wurz und wurza, mittelhochdeutsch wurz(e), neuhochdeutsch wurz) und bedeutete in seinen Ursprungsformen einfach ‚Wurzel‘. Erhalten ist diese Bedeutung z. B. noch in den Wörtern Haselwurz und Nieswurz.

Geschichte

Gewürze auf dem Markt von Agadir, Marokko

Gewürze spielten im Europa des Mittelalters und der frühen Neuzeit eine ähnlich bedeutende wirtschaftliche und politische Rolle wie heute das Erdöl. Sie waren extrem wertvoll, weil sie nicht nur zum Würzen verwendet wurden, sondern auch als Konservierungsstoffe und Grundlage für Arzneimittel. Zudem waren einige Gewürze, wie Muskatnuss und Gewürznelken, bedeutende Statussymbole.

Der Gewürzhandel, speziell mit Gewürzen aus Asien, war daher ein einträgliches Geschäft, durch das zunächst vor allem arabische Staaten und die italienischen Seerepubliken, später auch Kolonialmächte, reich wurden. Die Erschließung des Seewegs um Afrika von Europa zu den Inseln Hinterindiens ab dem 15. Jahrhundert war der Beginn der europäischen Expansion.

Hildegard von Bingen (1098–1179) hielt zahlreiche Pflanzen für Heilpflanzen; sie schrieb Pflanzenteilen und zahlreichen Pflanzen und Gewürzen heilende Wirkungen zu.

Safran-Ernte im Iran

Die teuersten Gewürze heute sind Safran, Vanille und Kardamom. Früher war Pfeffer zeitweise so wertvoll, dass er mit Gold aufgewogen wurde. Die abschätzige Bezeichnung Pfeffersack für einen reichen Menschen stammt aus dieser Epoche. Zimt war ebenfalls sehr kostbar: 1530 soll der Kaufmann Anton Fugger die Schuldscheine Karls V. vor dessen Augen in einem Feuer aus Zimtstangen verbrannt haben, um seinen Reichtum zu demonstrieren.

Gewürze werden schon seit Jahrtausenden verwendet. Dill breitete sich vor mehr als 5000 Jahren vom östlichen Mittelmeer in Richtung Atlantik aus. Seine Verwendung bei der Nahrungszubereitung wurde für etwa 3600 v. Chr. im westlichen Alpenraum nachgewiesen. Der Pharao Amenophis II. ließ sich 1400 v. Chr. Dill in sein Grab legen. Auch Kapern wurden bereits vor rund 6750 Jahren auf dem Gebiet der heutigen Türkei in Speisen gegeben. Ebenso wurden sie in 7800 Jahre alten Töpfen aus dem heutigen Syrien nachgewiesen. Koriander fand sich in 3000 bis 4000 Jahre alten Küchenresten aus dem heutigen Syrien sowie im Ägypten des zweiten Jahrtausends vor Christus. Auch Kreuzkümmel wurde schon damals in der Küche verwendet. Doch nicht erst sesshafte Menschen, sondern auch deren nomadische Vorfahren nutzten bereits Gewürze. So fand sich Koriander bereits in der vor 23000 Jahren genutzten Nahal-Hemar-Höhle in Israel. Bereits vor etwa 6000 Jahren, am Wechsel zur menschlichen Sesshaftwerdung, würzten Menschen im westlichen Ostseeraum ihre Speisen mit Knoblauchsrauke. Archäologen fanden Reste der pfeffrig und nach Knoblauch schmeckenden Pflanze in Töpfen, in denen Fisch und Wild zubereitet wurden.[2]

Im Jahr 2019 importierten die EU-Mitgliedsstaaten 379.000 Tonnen Gewürze aus Nicht-EU-Staaten.[3]

Klassifizierung nach Herkunft

Zimtstangen

Als Gewürz gelten definitionsgemäß nur Pflanzenteile:[4]

Bei einigen Pflanzen, wie Kümmel, Zimt und Muskatnuss, können mehrere Bestandteile der Pflanze verwendet werden.

Nach der Definition der Gewürze als „getrocknete Pflanzenteile“ sind keine „Gewürze“:

Wirkung

Verschiedene Gewürze

Die geschmacksverbessernde Wirkung der Gewürze beruht auf leicht flüchtigen Verbindungen, den ätherischen Ölen. Aufgrund ihrer leichten Flüchtigkeit geben sie der Speise nicht nur einen angenehmen Geruch, sondern auch einen angenehmen Geschmack, da das Gesamtgeschmacksempfinden sich zum größten Teil in der Nase abspielt. Je nach Absicht kann man mit Gewürzen einer Speise ein komplett anderes Aroma geben und damit vielleicht ein unerwünschtes Aroma überdecken oder den ureigenen Geschmack der Speisen hervorheben, ergänzen und verstärken. Da die in den Gewürzen enthaltenen ätherischen Öle auch physiologische Wirkung entfalten können, vermutet man mit verschiedenen Gewürzen medizinische Zwecke erfüllen zu können.

Pomeranzen (Bitterorangen) am Zweig

Die wichtigsten Funktionen hierbei sind:

  • Konservierung der gewürzten Lebensmittel (Chili, Rosmarin)
  • Anregung des Appetits durch Bitterstoffe (Rosmarin, Pomeranzenschale)
  • Anregung der Verdauung durch Förderung der Magentätigkeit (Pfeffer)
  • Hilfe bei Darmkrämpfen und Verhinderung von Blähungen (Fenchel, Anis, Kümmel)
  • Verbesserung des Geschmacks von verdorbenen oder faden Lebensmitteln (Orangenblüten)
  • Ergänzung und Verstärkung des Geschmacks von wenig aromaintensiven Gerichten (Vanille)

Weiterhin vermutet man einzelne Wirkungen, die über die genannten Gruppen hinausgehen. So werden viele Gewürze und Kräuter seit alters her für gesundheitliche Zwecke eingesetzt. Dabei lässt sich unterscheiden in kurzfristige Wirkung und längerfristige Effekte auf den menschlichen Organismus:

Salbei
  • Anregung der Bildung von Gallenflüssigkeit, Förderung der Fettverdauung (Zwiebel, Knoblauch)
  • Günstige Wirkungen auf die Darmflora (Ingwer, Knoblauch)
  • Aphrodisierende Wirkung, Aktivierung des Herz-Kreislauf-Systems (Nelken, Chili, Ingwer, Kakaobohnen)
  • Förderung der Konzentration, aufmunternd (Kakaobohnen, Kaffeebohnen, Guaraná, Colanuss)
  • Entspannung, Beruhigung, Einschlafförderung (Salbei, Muskat)

Verarbeitung und Verwendung

Zur Herstellung der Marktreife werden die pflanzlichen Gewürze meist zerstoßen, gerebelt oder gemahlen verwendet, sofern sie nicht als Essenz oder Extrakt vorliegen. Um die aromatisierende Wirkung besser kontrollieren zu können, werden bei längeren Garverfahren wie Dünsten oder Schmoren die Gewürze in eine Gewürzkugel, ähnlich einem Tee-Ei, gefüllt und so leicht wieder ohne Rückstände entnommen.

Da bis zur beginnenden Kolonisation viele Gewürze in Europa selten und entsprechend teuer waren, erfolgte ihre Verwendung teilweise in Hinblick auf den Statuscharakter unnötig reichlich.

Geistige Sicht zu den Gewürzen

Heinz Grill bezeichnet das Kochen mit Gewürzen als „Kunst“ und sieht in ihm große zukünftige Möglichkeiten zu einer ästhetischen Zubereitung der Nahrung:

„Kochen mit den verschiedenen Gewürzen ist eine wahre Kunst. Hier sind für den Menschen der Zukunft jene gewaltigen Möglichkeiten einer schöpferischen Küchenpraxis offen. Das menschliche feine Gefühl für Harmonie und Gesundheit kann beständig wachsen und die vielseitigen Möglichkeiten zu einer ästhetischen Zubereitungskunst vervollständigen.“[5]

Er führt aus, dass Gewürze die Speisen dem Verdauungsvorgang näherbringen:

„Nicht nur, dass das Verdauungssystem durch eine rechte Verwendung der Gewürze angeregt wird, es wird das ganze menschliche Willenssystem, das aktive Wollen des Menschen zu besseren Impulskräften erweckt.“ (Heinz Grill)
„Ein Getreidegericht oder auch eine Gemüsespeise ist ohne Gewürz schwerer verdaulich. Die Gewürze in ihrer spezifischen Bedeutung haben die wohlwollende Eigenschaft, dass sie die Natur des Nahrungsmittels auf sanfte Weise mit ätherischen Ölen, Harzen oder Aromastoffen durchdringen und sie auch zu verändern vermögen. Sie führen die Speisen dem Verdauungsvorgang näher. Eine gute Küche benötigt deshalb eine reichhaltige Auswahl an Gewürzen. […] Es ist günstig, wenn man von einem Standpunkt des geistigen Wahrnehmens beobachtet, welcher Vorgang auf welche Weise bei der Verwendung des Gewürzes im Kochprozess beginnt. Die aromatischen Blätter oder die stark würzigen orientalischen Stoffe greifen förmlich willentlich die Getreide- oder auch die Gemüsesubstanz an. Sie attackieren mit einer Art Zugriff den Getreidestoff oder das Gemüse. Selbst Zimt oder Ingwer, auf eine Obstschnitte hinzugefügt, attackiert die rohe Fruchtsubstanz. Indem das Gewürz diese Fähigkeit durch seine aromatische und stoffwechselfreudige Wirkung entfaltet, setzt sich auch im Inneren des Menschen die Fähigkeit fort, das Leben besser zu ergreifen, es willentlich mehr in die Hand zu nehmen. Nicht nur, dass das Verdauungssystem durch eine rechte Verwendung der Gewürze angeregt wird, es wird das ganze menschliche Willenssystem, das aktive Wollen des Menschen zu besseren Impulskräften erweckt. Bei Krankheiten wie Osteoporose können ganz besonders die Lippenblütler als Gewürzfamilie einen begleitenden oder auch prophylaktischen Beitrag geben. Indem das Willenssystem ausreichend angeregt wird, kann auch der gesamte Kalkstoffwechsel günstiger in der Entwicklung ergriffen werden.“[5]

Siehe auch

Literatur

  • Thomas Reinertsen Berg; Übersetzung Frank Zuber, Justus Carl und Günther Frauenlob: Die Geschichte der Gewürze. Genuss, Gier und Globalisierung. Haupt, Bern 2023, ISBN 978-3-258-08357-5.
  • John Keay: The Spice Route: A history. University of California, Oakland 2019, ISBN 978-0-520-25416-9.
  • Gary Paul Nabhan: Cumin, Camels, and Caravans: A Spice Odyssey. University of California Press, 2014, ISBN 978-0-520-26720-6. Eine Geschichte des Gewürzhandels (englisch). (Inhaltsverzeichnis)
  • Frank Holl (Hrsg.): Gewürze – sinnlicher Genuss, lebendige Geschichte. Begleitbuch zur Ausstellung im Ausstellungszentrum Lokschuppen Rosenheim. Veranstaltungs- und Kongress GmbH, Rosenheim 2010, ISBN 978-3-00-030589-4.
  • Alfred Klement: Gewürzkräuter-Fibel von A – Z. Kneipp-Verl., Wien 2008, ISBN 978-3-7088-0429-3.
  • V. A. Parthasarathy: Chemistry of spices. CABI Publ., Wallingford 2008, ISBN 978-1-84593-405-7.
  • Rita Kopp: Edelsüß und Rosenscharf – Die Welt der alten Gewürze. Thorbecke, Ostfildern 2005, ISBN 3-7995-3515-2.
  • James A. Duke et al.: CRC handbook of medicinal spices. CRC, Boca Raton 2003, ISBN 0-8493-1279-5.
  • Hansjörg Küster: Kleine Kulturgeschichte der Gewürze – ein Lexikon von Anis bis Zimt. Beck, München 2003, ISBN 3-406-49492-7.
  • Eberhard Teuscher, Ulrike Bauermann, Monika Werner: Gewürzdrogen. Ein Handbuch der Gewürze, Gewürzkräuter, Gewürzmischungen und ihrer ätherischen Öle. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2003, ISBN 3-8047-1867-1.
  • Ulrike Bültjer: Lexikon der Kräuter und Gewürze. Bassermann Verlag, München 2002, ISBN 3-8094-1283-X.
  • Jeanne D’Andrea: Ancient herbs. J. Paul Getty Trust Publ., Malibu 1989, ISBN 0-89236-035-6.
  • Marie von der Brück: Von Absinth bis Zichorie. Kräuter & Gewürze. Verbreitung, Anbau und Verwendung. Honos Verlagsgesellschaft, Zug 1985, ISBN 3-8299-5519-7.
  • Tom Stobart: Lexikon der Gewürze, Kräuter und Würzmittel. Hörnemann Verlag 1983.

Weblinks

Commons: Gewürz – Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Einzelnachweise

  1. Hansjörg Küster: Älteste Hinweise auf Gärten. Gewürze im Neolithikum Mitteleuropas. In: Renate Rolle, Frank M. Andraschko (Hrsg.): Frühe Nutzung pflanzlicher Ressourcen. Internationales Symposium Duderstadt, 12.–15. Mai 1994. LIT Verlag, Münster 1999, S. 55–60, hier S. 56.
  2. Hayley Saul, Marco Madella, Anders Fischer, Aikaterini Glykou, Sönke Hartz, Oliver E. Craig: Phytoliths in Pottery Reveal the Use of Spice in European Prehistoric Cuisine. In: PLoS ONE 8(8), 2013, e70583 (englisch). (Online)
  3. Ginger and paprika from China, pepper from Vietnam. In: Eurostat. Artikel vom 19. Dezember 2020, abgerufen am 12. Juni 2025 (englisch).
  4. Gewürze, was ist das? Gewürze: Definition, Warenkunde, Lebensmittelkunde. In: lebensmittellexikon.de. Abgerufen am 12. Juni 2025.
  5. 5,0 5,1 Heinz Grill: Ernährung und die gebende Kraft des Menschen. Die geistige Bedeutung der Nahrung. 9. Auflage. Stephan Wunderlich Verlag, Sigmaringen 2015, ISBN 978-3-9815855-2-0, S. 145–149.
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